Die Zukunft von Smart ...

Ricardo dos Santos Miquelino
April 13, 2023
Die Zukunft von Smart ...

In einem Zeitalter, in dem Googles Vision vom unbegrenzten Zugriff auf das Wissen der Menschheit – jederzeit und überall – auch durch neue Player wie Chat-GPT immer mehr zur Realität wird, ist es nicht mehr wichtig, das notwendige Detailwissen zum Lösen von Aufgaben im Kopf mit sich herumzutragen. Man googelt dieses sowie mögliche Zusammenhänge zu anderen Details oder lässt sich gleich in einem Chat mit einer künstlichen Intelligenz die benötigten Informationen mundgerecht aufbereiten. 

Warum sollten wir also mit dieser künstlichen Intelligenz (KI) in Konkurrenz treten und versuchen, pure Informationen in uns „hochzuladen“?

Was hingegen immer wichtiger wird, ist die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, kreative Verbindungen von Wissen aufzubauen und Inhalte kritisch hinterfragen zu können – auch moralisch. Gute Fragen stellen zu können, hilft uns dabei sowohl im Privat- als auch im Berufsleben. Es ermöglicht uns, nicht nur nach neuem Wissen und Erkenntnissen zu suchen, sondern auch die Qualität der Inhalte ständig zu überprüfen. Also wirklich smart zu sein.

Gute Fragen

Wer in der Lage ist gute Fragen stellen zu können, kann effektiver lernen. Wenn wir Fragen stellen, können wir Missverständnisse oder Unklarheiten über ein Thema klären. Das kann uns helfen, die Informationen besser zu verstehen und zu behalten. Außerdem können wir durch das Stellen von Fragen neue Ideen erforschen und tiefer in ein Thema eintauchen, anstatt nur die Oberfläche zu überfliegen. 

Das Stellen guter Fragen hilft uns dabei, auch selbstbewusster und selbstbestimmter mit Wissen umzugehen. Wir nehmen unser Lernen selbst in die Hand und suchen nach dem Wissen und Verständnis, das wir uns wünschen. Das wird dazu führen, dass wir mehr Vertrauen in unsere Fähigkeiten haben und selbstbestimmter lernen.

Im Gegensatz dazu kann das bloße Auswendiglernen von Inhalten dazu führen, dass wir uns mehr auf die Informationen verlassen, die uns präsentiert werden, und uns davon abhalten, selbst nach Wissen zu suchen. Auch kann das Festhalten am Auswendiglernen von Inhalten zukünftig dazu führen, dass wir uns in einen Wissenswettbewerb mit den KIs begeben. Das können wir nur verlieren.

Daher sollte unser Fokus darauf liegen, bereits in der Schule zu lernen, wie wir wirklich gute Fragen stellen, statt einfach nur Fakten und Inhalte zu lernen. Dieses wird uns helfen, unsere Fähigkeiten bestmöglich einzusetzen, kreativer zu sein als auch Informationen auf ihre Verlässlichkeit hin zu überprüfen:

Wissen

Ein gutes Allgemeinwissen und Expertenwissen haben beide ihre eigenen Vorteile und Grenzen und können auf unterschiedliche Weise wichtig sein. Ein gutes Allgemeinwissen kann in vielen Bereichen des Lebens hilfreich sein, z. B. bei der persönlichen Entwicklung, der Kommunikation und der Problemlösung, während Fachwissen für den Erfolg in vielen Berufen entscheidend ist. In der heutigen Welt braucht man eine Kombination aus beidem, eine breite Perspektive und Fachwissen, um sich in der komplexen Welt zurechtzufinden und in verschiedenen Bereichen erfolgreich zu sein.

KI kann zum Beispiel dabei helfen, Wissenslücken im Allgemeinwissen zu schließen. Wie bei der Entwicklung eines Verständnisses für politische und gesellschaftliche Zusammenhänge und deren Auswirkungen auf das eigene Unternehmen sowie die eigene Arbeit. Wir sehen zumBeispiel, dass es in Unternehmen mit hochspezialisierten Gründern (z.B. Absolventen von MINT-Fächern) in diesen Bereichen Defizite gibt, die sich bis zu Compliance-Themen hinauswirken können. Um diese Lücken zu schließen ist jedoch wichtig, die richtigen Fragen stellen zu können, damit die Daten, die zur Erstellung der Antworten verwendet werden, zu den korrekten und aktuellen Lösungen führen.

Eine gängige Prognose, die von verschiedenen Experten gemacht wird, ist dass ca. 2/3 der Jobs der Zukunft komplett neue Rollen und Skills erfordern werden, da sie u. a. einen hohen Interaktionsgrad mit KIs haben. Auch die älteren Generationen darauf vorzubereiten, muss unsere Aufgabe sein.

KI hat das Potenzial, die Rolle von Expertenwissen in verschiedenen Bereichen erheblich zu beeinflussen und zum Teil zu ersetzen. In einigen Fällen können KI-basierte Systeme so trainiert werden, dass sie Aufgaben übernehmen, die normalerweise Expertenwissen erfordern, wie z.B. medizinische Diagnosen, Finanzprognosen und juristische Recherchen. Außerdem können KI-basierte Systeme Experten in ihrem Fachgebiet unterstützen, indem sie ihnen Informationen liefern, die manuell nur schwer zu beschaffen oder zu verarbeiten wären. Dazu helfen sie uns auch noch, einige der mühsamen und zeitaufwändigen Aufgaben zu automatisieren. 

Also bleibt die Frage, inwieweit ein gutes Allgemeinwissen und Fachwissen in einem bestimmten Bereich, Berufen oder einer Branche auch zukünftig noch gepaukt werden muss. Oder ob es hier nicht durch den Einsatz von KI schon bald dazu kommt, dass wir uns davon befreien werden, Wissen erst einmal mühsam zu erlernen, bevor wir komplexe Informationen und Konzepte in einem Fachgebiet verstehen und hinterfragen können. Die Automatisierung bestimmter Aspekte der Arbeit mit Expertenwissen wird sicherlich dazu führen, dass der Bedarf an reinem menschlichem Fachwissen in vielen Bereichen mehr und mehr verringert wird. 

KI wird jedoch Experten nicht eines Tages ganz ersetzen können, sondern vielmehr helfen, ihr Wissen zu erweitern, um ihre menschlichen Fähigkeiten richtig einzusetzen. Und wir Menschen werden insbesondere unsere Fähigkeit benötigen, sie zu hinterfragen. Wir müssen in der Lage sein, ihre Ergebnisse zu reflektieren, um die Ergebnisse zu verstehen und darauf basierend fundierte Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus müssen KI-basierte Systeme auch von Experten auf dem Gebiet geschult und gewartet werden. Dies bietet Experten die Möglichkeit, weiterhin relevant zu sein, indem sie an der Entwicklung, Wartung und Überwachung des KI-Systems mitarbeiten und es kontinuierlich verbessern – wozu auch KI-Funktionalitäten in Frage stellen zu können zählt.

Wir werden erleben, dass künstliche Intelligenz zu einem Mehr an Fachwissen beim Menschen führen wird. Nur wird dieses Wissen nicht über pures Auswendiglernen gebildet werden, sondern über das Stellen guter Fragen und der damit verbunden Erfahrung, KIs besser beherrschen zu können.

Kreativität

In der heutigen, schnelllebigen und sich rasch verändernden Welt wird oft auch eine Kombination aus gutem Allgemeinwissen und Fachwissen als unerlässlich erklärt, um Kreativität zu entfachen. Ein gutes Allgemeinwissen trägt dazu bei, unseren Blickwinkel zu erweitern und den Kontext und das Verständnis zu vermitteln, das wir brauchen, um uns spezialisieren zu können. Es hilft uns dabei, übertragbare Fähigkeiten wie kritisches Denken und Problemlösung zu entwickeln, die in jedem Bereich wichtig sind. Ok.

Was es zukünftig braucht, ist vielmehr der einfache Zugriff auf ein umfassendes Basiswissen über verschiedene Themen und Disziplinen hinweg. Es erschafft Möglichkeiten, Verbindungen zwischen verschiedenen Wissensgebieten herzustellen, kritisch und kreativ zu denken und effektiv mit anderen zu kommunizieren. Kurzgesagt ein gutes Allgemeinwissen aus vielen Bereichen des Lebens oder eben der Zugang zu diesem hilft uns bei der persönlichen Entwicklung, der Kommunikation und der Problemlösung. Darüber hinaus hilft es uns, die Welt um uns herum besser zu verstehen und uns in ihr zurechtzufinden, z. B. bei aktuellen Ereignissen, sozialen und politischen Fragen und kulturellen Trends. Was es dafür benötigt, ist es einen grenzenlosen Zugriff darauf zu haben. Wir müssen nur verstehen, mit der Vielfalt und Menge an Informationen besser umzugehen – und hier hilft es uns, gute Fragen stellen zu können.

Einer der Hauptvorteile der Fähigkeit gute Fragen stellen zu können ist, dass es uns dazu anregt, kritisch zu denken und unsere Annahmen zu hinterfragen. Wenn wir Fragen stellen, setzen wir uns aktiv mit den Informationen auseinander und versuchen, sie zu verstehen. Dieser Prozess ermöglicht uns tiefer über ein Thema nachzudenken und verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und miteinander zu verbinden.

Im Gegensatz dazu verlangt das bloße Auswendiglernen von Inhalten nicht unbedingt, dass wir kritisch denken oder unsere Überzeugungen hinterfragen. Es kann sein, dass wir die Informationen einfach wiederkäuen, ohne sie vollständig zu fassen oder alternative Standpunkte in Betracht zu ziehen. Oder noch schlimmer, dass wir unnötig viel Zeit mit der Erfassung von Informationen verbringen, z. B. dem Auswendiglernen, während sie doch nur wenige Klicks entfernt sind. Diese Zeit sollte stattdessen genutzt werden, um unser Verständnis und Kreativität mit starken Fragen zu stärken.

Verlässlichkeit

Online-Inhalte sind ein wichtiger Motor für Innovationen und die Entwicklung der Menschheit. Sie haben die Verbreitung neuer Ideen und die Entwicklung neuer Technologien erleichtert, den Zugang zu Informationen und Ressourcen verbessert und die Bürgerbeteiligung undRechenschaftspflicht erhöht. Außerdem hat es Einzelpersonen und Gemeinschaften gestärkt und die Art und Weise, wie wir arbeiten und kommunizieren, verändert. Die kontinuierliche Entwicklung des Internets und der Online-Inhalte hat das Potenzial, Innovation und Fortschritt in Zukunft weiter voranzutreiben. Und da künstliche Intelligenz die Inhalte immer zugänglicher macht, könnte man sich eine Welt vorstellen, in der das Lernen, wie wir es heute kennen, überflüssig wird.

Eine Qualität, die wir erlernen müssen, ist die Zuverlässigkeit von Informationen eigenständig bewerten zu können.

Aber die Zuverlässigkeit der Inhalte im Internet kann sehr unterschiedlich sein. Es gibt zwar eine Fülle von genauen und zuverlässigen Informationen, die bei der Beantwortung fast aller Fragen helfen können, aber es gibt auch eine beträchtliche Menge ungenauer oder irreführender Informationen. Einer der Hauptgründe für die unterschiedliche Verlässlichkeit von Online-Inhalten ist, dass jede und jeder Informationen veröffentlichen kann, ohne notwendigerweise über Qualifikationen oder Fachwissen in diesem Bereich zu verfügen. Das führt dazu, dass eine große Bandbreite an Informationen online verfügbar ist, von glaubwürdigen Quellen wie wissenschaftlichen Zeitschriften und Regierungswebsites bis hin zu weniger glaubwürdigen Quellen wie persönlichen Blogs und Beiträgen in sozialen Medien.

Ein weiterer Faktor, der die Verlässlichkeit von Online-Inhalten beeinträchtigen kann, ist die Möglichkeit, dass sich Fehlinformationen und Desinformationen über soziale Medien und andere Online-Plattformen schnell verbreiten und weithin geglaubt werden, selbst wenn sie später widerlegt werden. Darüber hinaus ermöglichen die Anonymität und Zugänglichkeit des Internets einer Vielzahl von Akteuren, unzuverlässige und bösartige Informationen zu verbreiten. Von Propaganda und politischer Manipulation bis hin zu Phishing und Betrug.

Um die Verlässlichkeit von Online-Inhalten zu bestimmen, die meist auch die Grundlage für KIs bilden, ist es wichtig, die Glaubwürdigkeit der Quelle zu bewerten und nach Beweisen für die Behauptungen zu suchen (z. B. Indikatoren wie die Qualifikationen und das Fachwissen des Autors/der Autorin, der Ruf des Herausgebers, das Veröffentlichungsdatum und die Frage, ob die Informationen von Fachleuten geprüft wurden, verwendete Bilder, ... oder externe Links, Faktenüberprüfung und die Unparteilichkeit der Quellen).

Letztendlich liegt es an jeder und jedem Einzelnen, die Zuverlässigkeit dieser Informationen beurteilen zu können, die im Internet gefunden werden. Wenn man die Fähigkeit hat, kritisch und skeptisch zu sein und Informationen aus verschiedenen Quellen zu überprüfen, kann man die zuverlässigen Informationen von unzuverlässigen oder irreführenden Inhalten unterscheiden und somit auch die Qualität einer KI bestimmen. Und wir können auf der Basis der Antworten dann auch entscheiden, ob wir regulatorisch eingreifen müssen oder eben nicht.

Blick in die Zukunft

KI wird die Rolle des Expertenwissens erheblich beeinflussen, aber sie wird es nicht ersetzen. KI-basierte Systeme können das Expertenwissen ergänzen, indem sie neue Erkenntnisse liefern und bestimmte Aspekte der Arbeit mit eben diesem automatisieren, aber sie benötigen immer noch menschliches Fachwissen, um die Ergebnisse zu verstehen und Entscheidungen auf ihrer Grundlage zu treffen. Anstatt die Rolle der Experten zu ersetzen, kann KI sie unterstützen und ihre Arbeit effizienter gestalten, sodass mehr Zeit für übergeordnete Aufgaben bleibt, die spezielle menschliche Fähigkeiten und Kenntnisse erfordern ... bis hin zu unserer Intuition.

In der Zukunft wird es vor allem darauf ankommen, unsere Imagination zu stärken und gute Fragen zu stellen.

Gute Fragen zu stellen, wird dabei dazu führen, dass wir neues Wissen und ein neues Verständnis mit der Unterstützung von KIs entdecken. Dieses wird zur Entwicklung neuer Theorien, Erkenntnisse und zum besseren Verständnis unserer Welt führen – beziehungsweise einfach gesagt: zu mehr Kreativität. Im Gegensatz dazu wird das Auswendiglernen von Wissen mehr und mehr ersetzt oder sehr vereinfacht werden.

Gute Fragen zu stellen, wird uns in der Zukunft helfen, besser miteinander zu kommunizieren. Wir werden unser eigenes Verständnis eines Themas in sinnvolle Diskussionen mit anderen sowie KIs einfließen lassen. Wir werden besser mit anderen zusammenarbeiten und aus ihren Perspektiven lernen. 

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es für uns Menschen wichtiger sein wird, gute Fragen zu stellen, als einfach nur Inhalte auswendig zu lernen, weil es gerade unsere Stärke fördert, kritisch als auch intuitiv zu denken. Dieses ist das größte Differenzierungspotential und unser größter Vorteil gegenüber KIs. Fragen werden uns helfen effektiver zulernen, neues Wissen zu entdecken und unser Verständnis zu schärfen. Sie können uns helfen, unser Miteinander zu verbessern, unsere Demokratie zu stärken und geben uns die Möglichkeit, selbstbewusster und selbstgesteuerter mit Inhalten umzugehen. Auch wenn das Auswendiglernen in bestimmten Situationen seine Berechtigung hat, ist es die Fähigkeit gute Fragen zu stellen und kritisch über Informationen nachzudenken, die die unsere Rolle als Menschen auf lange Sicht bestimmen wird.

Exkurs

Erst kürzlich hat ChatGPT, eine Sprachmodell-Software, die mit Hilfe von OpenAI entwickelt wurde, die Suche nach Informationen revolutioniert. ChatGPT* kann mit uns sprechen und begreift, was wir sagen (wollen).

Das Programm nutzt „Deep Learning", um Texte wie ein Mensch zu verstehen und zu verwenden. Es ist, als hätte man einen sehr smarten Roboterfreund zur Seite gestellt bekommen, der alle unsere Fragen beantwortet, sich mit uns unterhält und dabei jederzeit Zugriff auf den gesamten Wissensschatz der Menschheit hat. Und in einer wahrscheinlich nicht allzu fernen Zukunft werden wir die Möglichkeit haben, uns dieses benötigte Wissen sogar direkt mittels Datenleitung einfach in unser Gehirn hochzuladen (siehe Neuralink und Co.). Jederzeit und überall.

Dieser Inhalt wurde übrigens inspiriert von einem mehrstündigen Dialog mit Chat-GPT3 im Januar 2023.

 

*Anmerkung:Während ich das hier schreibe, ist die GPT-3 Version in der Lage, 175 Milliarden Parameter zu verarbeiten. Innerhalb der nächsten Wochen soll GPT-4,mit der schier unglaublichen Fähigkeit unvorstellbare 100 Billionen Parameter verarbeiten zu können, eingeführt werden. Ich bin mir sicher, dass sich hieraus für die Menschheit ganz neue Erkenntnisse ergeben werden.

 

PS: Ich habe diesen Artikel als Beitrag zu der Neuauflage des Buches "How To Foster Creativity In The 21stCentury" vom lieben Leonard Sommer geschrieben. Leonard ist mit diesem Buch ein großartiges Wert gelungen, was Inspiration und Wissen vermittelt, wie wir unsere großartige, menschliche Fähigkeit erwecken. Danke Leonard, dass ich einen kleinen Beitrag dazu beisteuern konnte. Die deutsche Neuauflage kann hier bestellt werden : https://www.startnext.com/wenn-schule-auf-ideen-bringt

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