Der Austausch von Daten zwischen Unternehmen und ihren Kunden ist in der modernen Geschäftswelt zu einem Schlüsselelement geworden, das die Beziehung zwischen beiden Seiten auf eine neue Weise prägt und definiert. In diesem Kontext tauchen wir heute in die Datenlandschaft der europäischen Reisebranche ein, um eine der zentralen Fragen zu beantworten, die sich unsere Kunden häufig stellen: Welchen Wert haben unsere verfügbaren oder erreichbaren Daten, und wie können sie zur Umsatzsteigerung und zur Verbesserung unserer Geschäftsstrategien genutzt werden?
Seien Sie ehrlich: Wie viel Geld wären Sie bereit zu zahlen, um die volle Kontrolle über Ihre privaten Daten zu erlangen- von Ihrem Suchverlauf, Ihren Essensbestellungen, Ihren Gesundheitsdaten und Ihrer Joggingroute bis hin zu jeder einzelnen Transaktion, die Sie jemals getätigt haben? Oder vielleicht sollten wir uns besser fragen: Wie viel Geld könnten Sie verdienen, indem Sie diese Daten an Unternehmen verkaufen, die sie benötigen? Und was, wenn Sie sie auf dem Dark Web handeln würden? Können Sie tatsächlich messen, wie viele wertvolle Informationen Sie mit jeder Ihrer Bewegungen im Internet erzeugen?
Als Think-Tank Unternehmen, das eng mit anderen Firmen und Konzernen zusammenarbeitet, um deren Zukunftsvision für die nächsten 5 bis 10 Jahre zu verwirklichen, beschäftigen wir uns ständig mit den Fragen unserer Kunden bezüglich Daten und deren grenzenloser Anwendung. Woher man diese Daten bezieht, wie man sie effizient verwaltet, wofür man sie nutzt, und mit wem man sie teilt - diese Fragen entwickeln sich ständig weiter. Eine Sache steht jedoch außer Frage: Daten sind von entscheidender Bedeutung für den Erfolg jedes Produkts oder jeder Dienstleistung in den heutigen und zukünftigen Märkten. Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung und der zunehmenden Zugänglichkeit mobiler Technologien weltweit steigen die Erwartungen der Kunden an die Unternehmen, mit denen sie interagieren. Datenbasierte Entscheidungsfindungen sind der Schlüssel zum Erfüllen und Übertreffen dieser Erwartungen.
Die gute Nachricht ist, dass bereits große Mengen an Daten verfügbar sind und insbesondere die jüngere Generation bereit ist, ihre persönlichen Informationen im Austausch gegen eineffizienteres und personalisiertes Kundenerlebnis zu teilen. Eine britischeStudie ergab, dass 75 % der Verbraucher im Alter von 16 bis 24 Jahren damit einverstanden sind, ihre Daten an Marken weiterzugeben, während es bei den über 55-Jährigen nur 45 % sind. Eine Herausforderung, der Unternehmen jedoch oft gegenüberstehen, ist das Fehlen einer geeigneten Infrastruktur, Unternehmenskultur und Analytik, die erforderlich sind, um diese Daten in aussagekräftige Erkenntnisse umzuwandeln. Noch gravierender ist das Fehlen einer klaren Zielsetzung für die Nutzung dieser Daten, die sich aus den Unternehmensleitbildern ableitet und mit den Unternehmenswerten in Einklang steht. Laut einer Umfrage von NewVantage aus dem Jahr 2021 investieren zwar 99% der Unternehmen in Big Data, aber nur 30 % gaben an, über eine klardefinierte Datenstrategie zu verfügen, und noch weniger (24,4 %) haben eine unternehmensweite Datenkultur etabliert.
Welchen Nutzen haben Daten – unabhängig davon wieviel es sind – wenn sie keinen klaren Zweck erfüllen? Und wie lassen sich der Wert und der Zweck dieser Daten ermitteln?
WOHER KOMMEN DIE DATEN?
Die Datenerfassung beginnt oft bereits schon bei der ersten Interaktion des Kunden mit einem Unternehmen online. Ob es sich um das Buchung von Flug- oder Bahntickets auf einer Webseite, die Reservierung eines Parkplatzes über eine App oder das Stöbern in Einzelhandelsangeboten auf sozialen Medien handelt, Kunden stellen Unternehmen mithilfe digitaler Tools Daten zur Verfügung. Diese Daten ermöglichen es den Unternehmen, das Benutzererlebnis zu optimieren und letztendlich Zeit und Mühe für sowohl neue als auch wiederkehrende Kunden zu sparen.
Während unserer Arbeit mit Unternehmen in der Reise- und Mobilitätsbranche haben wir eine Vielzahl von Berührungspunkten zur Datenerfassung identifiziert. Zum Beispiel, wenn ein Reisender einen Flughafen betritt:
Sobald Kunden zustimmen, ihre persönlichen Daten mit einem Unternehmen zu teilen – sei es durch das Einwählen in ein Wi-Fi-Netzwerk, das Herunterladen einer App oder die Anmeldung auf einer Website über ihre Social-Media-Konten – kann ein Profil erstellt werden, das ihre Handlungen und Vorlieben abbildet. Auf diese Weise können Unternehmen dynamische Customer-Relationship-Management (CRM)-Strategien entwickeln und Geschäftsentscheidungen auf ein realistisches, detailliertes Bild des Kundenverhaltens und der Kundenbedürfnisse stützen. In Abbildung 1 sehen Sie, wie dies in Partnerschaft mit dem Datenbankmarketing-Unternehmen Acxiom am Flughafen Heathrow umgesetzt wird.
Wir sind uns alle bewusst, dass sich der Wert von Daten ständig verändert, da neue, ausgefeiltere Tools für die Datensammlung und -analyse entstehen. Doch schon jetzt wird deutlich, dass das Potenzial der Daten eines Unternehmens nicht allein durch Infrastruktur und Analytik vollausgeschöpft werden kann. Es bedarf einer Unternehmenskultur, die die gemeinsame Nutzung von Daten fördert und auf die Zusammenarbeit mit relevanten Partnern vor Ort setzt. Besonders in der komplexen Struktur von Unternehmen im Mobilitätssektor, wie Flughäfen, ist die Zusammenarbeit unerlässlich, um Datensilos zu verknüpfen und ein umfassendes Bild zu schaffen, das mehr Wert hat als die Summe seiner Teile. Wir erkennen die Bedeutung von Datensicherheit und Datenschutz, sind jedoch auch der Meinung, dass ohne effektive Zusammenarbeit zwischen Kollegen und Teams sowie klare Prozesse für den Datenaustausch wertvolles Wissen brachliegt und Chancen ungenutzt bleiben könnten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine klare Datenstrategie, die im Einklang mit der Unternehmensphilosophie steht, in Verbindung mit einer stabilen Dateninfrastruktur, leistungsstarker Analytik und der richtigen Unternehmenskultur die Optimierung geschäftlicher und betrieblicher Abläufe ermöglicht. Dies wiederum führt zu höheren Einnahmen für das Unternehmen und einer zufriedenstellenden, reibungslosen Erfahrung für dieKunden.
Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass datengesteuerte Entscheidungsfindung bereits in ganz Europa und darüberhinaus Vorteile für Unternehmen und Kunden bringt, insbesondere im BereichReisen und Mobilität. Dabei haben wir unsere Aufmerksamkeit auf führendeUnternehmen in diesem Sektor gerichtet und Best Practices genauer unter dieLupe genommen. Doch was wird bisher konkret unternommen?
Abbildung 2 gibt einen Überblick darüber, wie europäische Flughäfen die Monetarisierung von Daten in Angriff nehmen. Dabei fokussieren sich die meisten Initiativen auf die Personalisierung des Kundenerlebnisses, um Einnahmen über bereits bestehende Kanäle wie Parken, Duty-Free, Einzelhandel und F&B weiter zu steigern. Die Strategie ist dabei recht einfach: Daten über das Kundenverhalten auf Reisen sammeln, sie mit Umsatzdaten von Einzelhändlern, F&B-Lokalen und Parkdiensten kombinieren und damit CRM informieren und weiterentwickeln.
Um nur einige Flughäfen zu nennen, die mit gutem Beispiel vorangehen:
· In Frankfurt werden Medienflächen basierend auf der Verweildauer konzipiert, um erstklassige Werbeplätze zu schaffen;
· Wien integriert Daten der Passagierströme in die Gestaltung der Duty-Free-Bereiche;
· Zürich bietet dynamische, automatisierte Preisgestaltung für Parkplatzreservierungen und sammelt Nutzungsdaten für prädiktive Analysen zur Maximierung der Parkkapazität;
· Dublin, Barcelona und Mailand fördern persönliche Beziehungen zu jedem Passagier, indem sie gezielte Angebote und Belohnungen über Apps und soziale Medien an verschiedenen Punkten der CustomerJourney verteilen;
Und es gibt noch viele weitere erfolgreiche Beispiele…
Die Bewertung des monetären Werts von Daten gestaltet sich als äußerst komplex. Abbildung 3 zeigt, dass die Preisgestaltung in den USA nicht alle Daten gleichbehandelt. Die Art der Daten und die damit verbundene Zielgruppe haben einen erheblichen Einfluss auf ihren Wert. Dieser Effekt ist kumulativ, was bedeutet, dass Daten umso wertvoller werden, je mehr Informationen über dieselbe Person verfügbar sind. Dazu gehören sogar Details zu wichtigen Lebensereignissen wie Heirat oder Hauskauf, die oft mit spezifischen Bedürfnissen einhergehen und gezielte Werbemaßnahmen ermöglichen.
In der Regel erheben Unternehmen Daten von Nutzern auf legitime Weise. Jedoch veranschaulichen die Preise von Daten, die unter weniger strengen Bedingungen erworben wurden, den wahren Wert von Daten in der heutigen Welt. Eine Bewertung in den USA (siehe Abbildung 4) zeigt, dass die Art der gesammelten Daten der entscheidende Faktor bei der Preisgestaltung ist. Gesundheitsdaten sind deutlich wertvoller als andere Datentypen, da sie oft umfassendere Informationen zur Identitäts- und Krankengeschichte des Patienten enthalten. Was die ethnische Zugehörigkeit, das Alter und das Einkommen betrifft, so scheint der Wert der Nutzerdaten einer bestimmten demografischen Gruppe umgekehrt proportional zur Häufigkeit der Gruppe zu sein: Je kleiner die Bevölkerung, desto höher der Preis.
Eine interessante Erkenntnis ergibt sich aus der Preisgestaltung von Nutzerdaten: Daten von Geringverdienern (mit einem Einkommen von weniger als 10.000 Dollar pro Jahr) sind mit einem Preis von 0,10 Dollar pro Nutzer wertvoller als Daten von Nutzern, die bis zu 120.000 Dollar verdienen, welche nur einen Preis von 0,04 Dollar haben. Dies liegt daran, dass Geringverdiener oft Studenten sind, die trotz ihres begrenzten Einkommens gerne online über Produkte diskutieren und dabei unbeabsichtigt wertvolle Informationen preisgeben. Die Daten von Nutzern, die mehr als 120.000 Dollar verdienen – die weniger finanziellen Stress haben und daher freier einkaufen können und tatsächlich die Mittel haben, um Einkäufe zu tätigen – sind mit einem Preis von 0,33 Dollar pro Nutzer bei weitem am wertvollsten.
Diese Rangfolge stützt sich auf ein Preissystem, das sich am Wert orientiert. Dabei werden die Kosten für einen Datensatz anhand der potenziellen Einnahmen festgelegt, die durch ihn generiert werden können. Es gibt jedoch auch einen anderen Ansatz zur Bewertung von Daten, nämlich die kostenorientierte Preisgestaltung. Hierbei wird ein Datensatz zu einem Preis verkauft, der die Beschaffungskosten deckt. Aber was wäre, wenn die Nutzer selbst über den Preis ihrer eigenen Daten entscheiden könnten?
Das Technology Policy Institute in den USA hat diese Frage im Jahr 2020 untersucht und herausgefunden, dass:
Obwohl es keine allgemein anerkannte Formel zur Bewertung persönlicher Daten gibt, sind die Werbeeinnahmen von Google ein guter Indikator. Im Jahr 2001 erzielte Google pro Nutzer Werbeeinahmen im Wert von 1,71 €. Bis 2021 ist dieser Wert auf 30,74 € pro Nutzer gestiegen – ein Anstieg um fast 1.800%. Wo wird sich das bis 2031 entwickeln?
Obwohl wir diese Frage vielleicht noch nicht beantworten können, ist es für Unternehmen entscheidend, die Zukunft der Daten im Auge zu behalten. Dadurch können die ungenutzten Potenziale der derzeit verfügbaren Ressourcen zur Optimierung der Kundenerfahrung, zur Maximierung bestehender und zur Schaffung neuer Geschäftsmöglichkeiten besser verstanden und genutzt werden.
Die wertorientierte Preisgestaltung bestimmt die Kosten eines Nutzerdatensatzes anhand der potenziellen Einnahmen, die damit generiert werden können. Der Anstieg der Werbeeinnahmen pro Google-Nutzer von 2001 bis 2021 um 1.800 % verdeutlicht das enorme Potenzial der Monetarisierung von Daten für Unternehmen, jetzt und in Zukunft.